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Yoga - von gescheiterten Annäherungsversuchen und hilfreichen Antworten

Es ist wirklich ein Zufall, dass ich zu Yoga doch noch einen Zugang gefunden habe. Meine erste Yogastunde ist nämlich für lange Zeit auch meine letzte geblieben. Warum das so ist, dem möchte ich hier auf den Grund gehen und dabei aufzeigen, was eine gute YogalehrerIn ausmacht.


Zweifel und Unsicherheit


Jemand hatte mir während meiner ersten Schwangerschaft einen Yogakurs empfohlen, der angeblich all meine Verspannungen lösen und mir guttun sollte. Ich erinnere mich wie gestern, wie ich in meinem ausgeleierten Tchibo-Samtanzug in die Südstadt geflitzt bin, keinen Parkplatz finden konnte und deswegen zu spät kam. Die Klingel störte den ganzen Kurs bei der Eingangs-Entspannung, was schonmal ein schlechter Start war. Von Entspannung keine Spur bei mir, ganz im Gegenteil fühlte ich mich maximal unwohl. Ich musste irgendwie zusehen, dass ich mir eine Matte organisierte und im hinterletzten Eckchen des Studios noch einen Platz bekam. Es fühlte sich nicht gut an, so nah bei den anderen Kursteilnehmern zu sein, ihnen auf die Pelle zu rücken. Im schlabbrigen Samt-Anzug neben den perfekt gestylten, schlanken, fitten anderen Schwangeren, die offenbar alle genau wussten, womit sie es hier zu tun hatten und vor allem, was sie selbst zu tun hatten. Ich war zu dem Zeitpunkt körperlich nicht gerade fit und wollte wieder einen Zugang zu meinem Körper finden. Es demotivierte mich ungemein, dass ich bei den Asanas überhaupt nicht mitkam. Selbst die Atem-Übungen gelangen nicht. Es war ein einziger Stress. Als am Ende noch die Hälfte all der Schwangeren auf dem Kopf oder im Schulterstand war, fühlte ich mich nur noch klein, fett, unfähig.


Mich wunderte schon damals, dass die Lehrerin sich nicht aus der Ruhe bringen ließ und es nicht für notwendig hielt, mir als Anfängerin ein paar Hinweise zu geben, wie die Übungen ausgeführt werden sollten, geschweige denn, ein bisschen dabei geholfen hat. Die End-Entspannung, die ich damals noch gar nicht kannte, setzte allem die Krone auf: Die Lehrerin begann auf Sanskrit (glaube ich) zu singen, was ich als völlig fehl am Platz empfand - da war ein Fremdschämen in mir drin, das ich kaum aushalten konnte. Ich verstand überhaupt nicht, welchen Mehrwert dieser Gesang den Schülern für die ziemlich teure Stunde geben sollte. Später machte sie eine Art geführte Meditation mit uns und verlangte, dass wir uns wie ein vor Liebe sprudelnder Brunnen fühlen sollten. Die Tonlage ihrer Stimme machte es mir vollkommen unmöglich, sie ernst zu nehmen.


Heute, wo ich ein bisschen mehr über Yoga und den klassischen Ablauf einer Yoga-Stunde weiß, kann ich damit natürlich mehr anfangen und wäre wahrscheinlich auch in der Lage, mich in so einer Stunde zu entspannen. Die Lehrerin in diesem Kurs war sehr erfahren und strahlte das auch aus. Das hat mich leider irgendwie abgeschreckt. Sie ist mit Sicherheit eine sehr gute Yogini und es geht mir nicht darum, sie zu kritisieren. Es geht mir darum, zu beschreiben, was einem verunsicherten Menschen passieren kann, wenn er sich dem Thema zum ersten Mal annähert.


Ich ging also aus dem Kurs raus und mir war klar, dass Yoga nichts für mich ist. Es schien überhaupt nicht meinem Wesen zu entsprechen, war viel zu vergeistigt, ja in seiner Esoterik irgendwie lächerlich und die Lehrerin sowie auch die Schülerinnen empfand ich als überheblich, weil mich keine von ihnen als Teil der Gemeinschaft angenommen und versucht hat, mir Yoga näherzubringen. In meinem Empfinden feierten sie ihr eigenes kleines Yoga-Fest und ich war ein Störfaktor. Möglicherweise würde ich heute anders an so etwas herangehen, weil ich nicht mehr ganz so klein bin, weil ich nicht mehr in einen Kurs gehe, weil jemand ihn mir empfohlen hat, sondern weil ich mir gezielt das heraussuche, was mich interessiert. Weil ich mich einfach auch daran gewöhnt habe, mich in neue und unbekannte Situationen zu begeben und mich dann ganz darauf einlassen kann, was da passiert. Das ist allerdings bereits eine wichtige Lektion, die ich im Yoga gelernt habe.


Ich erinnere mich auch noch, dass ich ein paar Tage nach dieser Stunde eine der Kursteilnehmerinnen in der Stadt traf und mein Impuls war, mich zu verstecken. In diesem Moment wusste ich, dass ich da nie wieder hingehen würde. Diese Erfahrung hat genau das Gegenteil von dem in mir ausgelöst, wofür Yoga eigentlich steht und mich, die eigentlich sehr offen für neue Ideen ist, zu einer Skeptikerin gemacht. Ich habe noch nichtmal im Ansatz verstanden, was Yoga ist. Für mich war es damals esoterisches Getue und das Zelebrieren einer heilen Welt, die ich so nicht empfinden konnte. Das machte das Ganze für mich unglaubwürdig und funktionierte einfach nicht.


Auf der Suche


Warum ich schließlich doch wieder zum Yoga gegangen bin? Ich hatte einen Punkt in meinem Leben erreicht, in dem ich maximal angespannt war und merkte, dass ich einen Weg finden musste, zur Ruhe zu kommen und von meinen Alltagssorgen Abstand zu gewinnen. Dafür war mir sozusagen jedes Mittel recht.


Damit Yoga funktioniert, muss man sich darauf einlassen, das stimmt. Ich glaube allerdings, dass oft die Bereitschaft zwar da ist, es aber auch Zweifel gibt und sehr viele Unsicherheiten. Die mögen für jemanden, der sich schon lange mit Yoga beschäftigt, unbedeutend erscheinen, für einen Lehrer sind sie aber extrem wichtig und sollten unbedingt thematisiert werden.


Wenn wir davon ausgehen, dass viele Menschen, die einen Zugang zu sich und ihrer Körperlichkeit bekommen möchten, nicht automatisch mit einem sicheren Selbstwertgefühl ausgestattet sind, dann müssen wir darauf am Anfang all unser Augenmerk legen. Dann dürfen wir nicht erwarten, dass ein Neuling sich fließend in die Abläufe einfügt und es keiner Erklärungen bedarf.


Vertrauen


Ich will mal versuchen zu zeigen, was passiert, wenn man in diesen wertfreien Raum eintritt und sich ohne Scham auf neue Dinge und neue Menschen einlassen kann. In einer gewöhnlichen Yogastunde schlug meine Lehrerin Anjuly Rudolph einmal vor, dass wir uns gegenseitig massieren sollten. Wir waren verschwitzt, wir kannten uns nicht und wir berührten uns. Wir nahmen den Kopf des anderen in unsere Hände, wir legten uns aufeinander, wir taten Dinge, die man normalerweise nicht mit fremden Menschen macht. Danach waren wir uns nicht mehr fremd und es gab eine ganz andere Stimmung in der Gruppe. Dabei haben wir nicht die Grenzen des anderen überschritten, weil wir das Vertrauen hatten, dass hier nur Gutes passiert. Wir haben eher unsere eigenen gedanklichen Grenzen überschritten, weil wir es vorher nicht für möglich gehalten hätten, dass wir uns auf so etwas einlassen und davon profitieren könnten.


Was aber war die Voraussetzung dafür, dass dieses Experiment gelingen konnte? Wir mussten das Gefühl vermittelt bekommen, dass wir in diesem Kurs nicht beurteilt werden und dass wir selbst nicht beurteilen. Dass es nicht um eklige Schweißfüße geht oder um einen peinlich dicken Hintern, sondern um eine Nähe, die wir hier erfahren dürfen und die uns guttut. Dass wir in einem wertfreien Raum sind, in dem niemand uns schaden möchte und in dem alles erlaubt ist. Dieses Gefühl zu vermitteln, ist eine hohe Kunst, die für einen guten Yogalehrer in meinen Augen sehr wichtig ist.




 
 
 

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